American Motors
1954-1987

Zuwachs

Hornet SST, 1970

Hornet SST, 1970

Eine Menge Veränderungen gab es im Jahr 1970. Der American wurde durch ein völlig neues Fahrzeug ersetzt — den Hornet. Dieser besaß eine hochmoderne Karosserie mit langer Motorhaube und kurzem Heck, wie es auch viele Japaner der späten Siebziger zeigten; man denke an die ersten nach Deutschland importierten Toyo Kogyo (Mazda) und Toyota. In den Siebzigern waren es die Japaner, die sich amerikanische Fahrzeuge nach zum Vorbild nahmen ...
Mit dem Hornet besann sich AMC wieder auf eine Politik, mit der man in den Jahren vor Abernethy erfolgreich gewesen war: die Besetzung von Nischen. Der Hornet war nicht nur als sehr günstiges, nacktes Basismodell, sondern — und das hob ihn von anderen in der unteren Mittelklasse ab — mit einer langen Latte an Zusatz- und Luxusausstattung erhältlich. Vom günstigen Einstiegsangebot mit 3,3l-Sechszylinder, Vinylsitzen und Gummifußmatten bis zum exquisiten Renner mit edler Stoffausstattung, Teppichboden und 5l-V8 war alles möglich. Auf Wunsch wurden Automatikgetriebe, Scheibenbremsen und Servolenkung ebenso eingebaut wie Klimaanlage, Vinyldach und Liegesitze.
Mit dem Hornet erfolgte auch die Rückkehr zur Gleichteilestrategie. Zwei- und Viersitzer waren bis zum Dach identisch, und sogar die Stoßstangen waren vorne und hinten gleich.

Ausgerechnet am 1. April wurde der neue Gremlin präsentiert, der erste in Amerika produzierte Kleinwagen, der es mit den überaus erfolgreichen Importen aufnehmen sollte (Käfer!), und der ein halbes Jahr vor Fords und GMs Versuchen in der Klasse da war — eine zu kurze Zeit, um viel zu verkaufen, aber genug, um Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu wecken. Der Gremlin war ein verkürzter Hornet mit scharf abgeschnittenem Kamm-Heck. Auffallend ist, daß der Gremlin nur mit Sechszylindern angeboten wurde, und das in einer Klasse, in der die Konkurrenz fast ausschließlich mit sparsamen Vierzylindern daherkam; jedoch tat dies dem Erfolg des Gremlin zumindest anfangs keinen Abbruch.
Da noch kein Vergleich zu Detroits Produkten möglich war, tat man sich schwer mit der Preisfestsetzung für den Gremlin. Man entschied sich für einen plakativen Niedrigstpreis von 1879 Dollar, wofür man ein mehr als nacktes Fahrzeug mit vorderer Sitzbank, ohne Rückbank und mit Gummiauslegware bekam — solcherart gestrippte Gefährte wurden business coupe genannt und dienten hauptsächlich dafür, einen möglichst niedrigen Preis nennen zu können, ohne daß sich jemals sonderlich viele dieser »Vertreterautos« losschlagen ließen.
Abgesehen von diesem Zweisitzer (879 Stück im Jahr 1970) war der Gremlin auf Anhieb erfolgreich und fand vor allem ein junges Publikum.

Die übrige Modellpalette wurde im Großen und Ganzen unverändert übernommen; interessanteste Neuerung war der Rebel Machine, ein krasses Sportcoupe mit 6,6-Liter-V8 (340 SAE-PS) und dem passenden Spitznamen »fliegender Ziegelstein«. Dafür tat sich etwas anderes, ganz entscheidendes:
Die American Motors Corporation (nun unter dem neuen Logo, siehe ganz oben) kaufte Kaiser Jeep für insgesamt 70 Millionen Dollar, 10 davon in cash. Kaiser wollte raus aus dem Automobilgeschäft, und AMC wollte im Truck-Markt mitmischen. Zwar erwirtschaftete Jeep hauptsächlich Verluste, doch Chapin wußte, daß Potential vorhanden war, und daß die Synergie-Effekte einer gemeinsamen Entwicklung und Produktion beiden Marken helfen würden.
Der Kauf brachte AMC zwar wieder nah an den Schuldenturm, und Chapin sah sich teilweise harscher Kritik ausgesetzt, doch seine Meinung, daß Jeep sich als vorteilhaft für AMC erweisen würde, sollte sich in den folgenden Jahren als völlig richtig herausstellen.
Die Arbeit an einer Zusammenführung und technischen Annäherung des Modellprogramms wurde sofort begonnen, und als erstes wurde die Produktion von Militär- und Regierungsfahrzeugen in eine eigene Gesellschaft, AM General, ausgegliedert (diese wurde später verkauft und produziert heute noch den Hummer!).

Wenn Sie mit GM, Ford und Chrysler konkurrieren müßten, was würden Sie tun?«, fragte man in den Prospekten und Fernsehspots 1971 — und die Antwort wurde für jedes Modell gleich mitgeliefert:

Sie würden den Kleinwagenmarkt revolutionieren — mit dem ersten amerikanischen Kleinwagen: dem Gremlin.
Sie würden den Hornet Sportabout herausbringen, den einzigen kompakten Kombi auf dem Markt — einen Wagen, der für die amerikanische Hausfrau mehr tun kann als alle Haartönungen, Lippenstifte und falschen Wimpern zusammen.
Sie würden dem Hornet eine Serienausstattung mitgeben, die sie beim Ford Maverick nicht mal gegen Aufpreis bekommen.
Sie würden den Matador vorstellen — einen Wagen, dem nicht mal ein scharf kalkulierender Familienvater widerstehen kann.
Sie würden den Ambassador zur einzigen Baureihe in Amerika machen, die serienmäßig Automatik und Klimanlage an Bord hat.
Sie würden mit dem Javelin einen Sportwagen mit Haaren auf der Brust anbieten, auch auf die Gefahr hin, daß er manche das Fürchten lehrt.

Dem ist fast nichts mehr hinzuzufügen, außer ein paar Details: Der Javelin wurde etwas größer (und verkaufte sich prompt schlechter) und bekam Pausbacken, der AMX wurde zur Ausstattungsvariante des Javelin degradiert. Der SC/360 Hornet wurde vorgestellt, der sich in eine Reihe mit SC/Rambler und Rebel Machine einfügte. Der 3,3-Liter-Sechszylinder wurde eingestellt, der 3,8 wurde damit zur Basismotorisierung. Dazu gesellte sich der 4,2-Liter-Sechszylinder, ein 3,8 mit längerem Hub. Das »X-Package« wurde erstmals beim Gremlin angeboten gerne genommen. Es bestand aus Einzelsitzen vorne, Teppichboden, Sportfelgen mit Breitreifen, lackiertem Grill und Seitenstreifen und machte mit einfachen Mitteln aus einem Wagen einen Flitzer.
Nicht ganz ins Bild paßten Relikte wie die serienmäßige Dreigangschaltung mit unsynchronisiertem Ersten und die unsäglichen Unterdruckscheibenwischer.
Das Neue am Matador war hauptsächlich der Name, er basierte auf dem eingestellten Rebel und wurde als Hardtop Coupé, Viertürer und Kombi angeboten.
Bei Jeep wurde die Produktivität erhöht, das Motorenprogramm komplett auf AMC-Aggregate umgestellt, und als wichtigster Schritt wurden Jeeps nun auch über das AMC-Händlernetz vertrieben. Trotz neuer Werkzeuge wurde das beliebte Styling der Jeep-Modelle beibehalten.

Jeep Commando, 1972

Jeep Commando, 1972

Beibehalten wurde das gesamte Modellprogramm für 1972. Die wichtigsten Änderungen fanden unter dem Blech und im Marketing statt. »Qualität, Wert und Kundenorientierung« waren die Schlagwörter. Die veraltete Borg-Warner-Automatik wurde durch ein modernes Chrysler-Aggregat ersetzt, die Scheibenwischer funktionierten endlich elektrisch. Die nackten Basismodelle entfielen. Stattdessen wurde der Gremlin nun auch mit Fünfliter-V8 angeboten. Ein neues Qualitätsmanagement wurde eingeführt, um Beanstandungen während der Garantiezeit zu reduzieren.
Stark beworben und allseits hochgelobt wurde der Buyer Protection Plan. Dieser bestand aus:

Diese Qualitätsoffensive kam genau zur rechten Zeit, denn viele Amerikaner hatten die Schnauze voll von der schlechten Verarbeitung der einheimischen Produkte und begonnen, sich verstärkt Importen aus Deutschland und Japan zuzuwenden. AMC konnte damit einigen Boden gutmachen und mit hervorragenden Zahlen ins Jahr 1973 gehen.

Der Anlauf zum Abschwung

Roy Chapins Credo für die kommenden Jahre bestand aus zwei Leitlinen: Philosophy of Difference und Diversifikation. Die erste besagte, daß AMC-Produkte »anders« sein mußten als die der in- und ausländischen Konkurrenz, um am Markt bestehen zu können; die zweite erinnert an die Ideen eines gewissen Edzard Reuter ein gutes Jahrzehnt später, der auch der Meinung sein würde, ein Automobilhersteller brauche weitere Standbeine, um dauerhaft existieren zu können. Hätte er sich AMC angesehen, wäre für Daimler-Benz vielleicht einiges anders gekommen ...
Die Debis von AMC bestand aus AM Data Systems und American Motors Leasing Corporation, statt AEG besaß man die Kunststoffhersteller Evan Products und Winsor Plastics; das Pendant der DASA war jedoch kein Flugzeugbauer, sondern ein Gußteilehersteller namens Holmes Foundry Ltd. mit Sitz in Kanada.
AM General war dabei, Autobusse zu entwickeln, ein Feld, das bisher GM und Flxible alleine bestellt hatten, und das angesichts verstopfter Straßen, verschmutzter Luft und veralteter Flotten der Busunternehmen reichliche Ernte versprach.

Der Hornet wurde in einer neuen Karosserievariante, die bisher ausschließlich ausländische Fahrzeuge vorweisen konnten, vorgestellt: als Hatchback (Fließheck). Das alte Dreigang-Schaltgetriebe wurde durch ein vollsynchronisiertes ersetzt. Der Levi's Gremlin kam heraus, ein Sondermodell mit Jeans-Stoff-Innenausstattung. Der Hornet Sportabout wurde als Sondermodell Gucci Sportabout angeboten, mit von Star-Couturier Aldo Gucci entworfenem Interieur.
Der Pony-Car-Markt war nahezu tot, und so ließ man Javelin und AMX praktisch unverändert mitlaufen, nicht ohne aber auch dem Javelin einen touch »Hei-tei-tei« zu verpassen: Der Cardin Javelin bekam ein hippes Innenfutter by Pierre Cardin.
Matador und Ambassador blieben nahezu unverändert. Auch kein Schnickschnack für innen.

Die meisten Änderungen wurden der Jeep-Serie zuteil. Neue Armaturen fielen auf, doch wichtiger war die Einführung des permanenten Allradantriebs Quadra Trac im J-Series Pickup und Wagoneer, dem Vorläufer des Grand Cherokee. Der CJ war als Kraftpaket Renegade mit V8 erhältlich.

Für 1974 waren wieder größere Veränderungen angesagt, da Matador und Ambassador ihrer Verrentung entgegensahen. Die Nachfolger sollten sich die Bodengruppe teilen und einen neuen Look bekommen, der in den USA gerade populär wurde: Mercedes-Look!
Trotz dieses Vorbilds wurde der neue Matador zum wahrscheinlich häßlichsten Auto, das die Werkshallen in Kenosha jemals verließ. Dick Teague hatte die Motorhaube gewaltig verlängert, aus Kostengründen mußten die alten Kotflügel jedoch beibehalten werden. Das Ergebnis kann man bestenfalls als ulkig bezeichnen.
Aber warum war das ganze schöne Geld schon wieder weg? Nun, die Marktforschung hatte herausgefunden, daß in Zeiten der Rezession und Inflation wie 1974 das Volk nichts mehr begehrte als ein fesches Mittelklasse-Coupé, und der Matador Hardtop sei halt zu konservativ gestylt. AMCs Führung nahm dies zur Kenntnis und warf sofort alles über Bord, was sie aus vergangenen Mißerfolgen gelernt haben sollte. Ein völlig neues Coupé wurde entworfen, das kein einziges Karosserieteil mit anderen Modellen gemeinsam hatte und dementsprechend teuer in Entwicklung und Herstellung wurde. Das Matador Coupé bekam von Car & Driver den Titel »1974's best styled car« zuerkannt und wurde nicht nur AMCs zweitgrößter Flop, sondern das Auto, das der Marke im Endeffekt das Genick brach. Es verkaufte sich anfangs zwar passabel, aber nie so gut, daß es die horrenden Entwicklungskosten wieder hereingeholt hätte. Und für die nötigen Facelifts fehlte fortan das Geld.
Alle anderen PKWs wurden kaum verändert vom Vorjahr übernommen. Die Jeeps gingen gut und brachten das Geld herein, das für die anderen Fahrzeuge verpraßt wurde. Der neue Cherokee war von Anfang an ein Bestseller, und der Wagoneer hatte seine Klasse für sich allein.

Hornet Sportabout, 1975

Hornet Sportabout, 1975

Man hatte für das kommende Modelljahr eine Steigerung in den Verkaufszahlen für das Matador Coupé erwartet, die nicht kam. Aber man hatte noch ein weiteres As im Ärmel, auf das sich nun alle Anstrengungen konzentrierten: einen neuen Kompaktwagen zwischen dem Gremlin und dem Hornet, einen Wagen, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte, und der wie kein anderer AMCs Philosphy of Difference repräsentierte: den Pacer (siehe Extra-Artikel!). Im Erscheinungsjahr 1975 wurde der neue Kleine so oft geordert, daß American Motors mit der Produktion nicht nachkam. Alle anderen Produkte gingen ins neue Jahr wie gehabt; Gremlin und Hornet waren mit jeweils sechs Jahren auf dem Buckel reif für den Autohimmel, mußten aber weiterproduziert werden. Der Ambassador wurde eingestellt, große AMCs hießen nur noch Matador. Javelin und AMX waren tot, Nachfolger vorerst nicht geplant.

Die Matador Coupé-Verkäufe brachen bereits ein, die Händler saßen, vom Pacer abgesehen, auf großen Kontingenten, die sich nur schwer losschlagen ließen. Chapin reagierte mit strengen Kostenkontrollen. Der Gremlin bekam ein leichtes Facelift und wurde als billigstes in Amerika hergestelltes Fahrzeug positioniert. Der neue Jeep CJ-7 wurde vorgestellt. Er war ein Stück länger als der CJ-5 und erlaubte den Einbau von permanentem Allradantrieb und Automatikgetriebe. AM General brachte mit Bussen und Militärgerät ordentliche Gewinne, auch die Tochter Wheelhorse Tractors war erfolgreich.

1977 konnte noch niemand ahnen, daß der Pacer der letzte in Eigenregie neu entwickelte AMC sein würde. Alle Produkte wurden vom Vorjahr übernommen, für Änderungen fehlte das Geld. Die Pacer-Verkäufe gingen bereits stark zurück, das Matador Coupé wollte kaum noch jemand haben. Die Leute hatten begonnen, sich nach wirtschaftlichen Alternativen umzusehen, und sie in den sparsamen Vierzylinder-PKWs aus Japan und Europa gefunden. AMC hatte unterhalb des 3,8-Liter-Reihensechszylinders nichts anzubieten und natürlich auch kein Geld, um einen eigenen Vierzylinder zu entwickeln. Flucht nach vorne wurde beschlossen. Kurzerhand kaufte man die Rechte, den Zweiliter-Vierzylinder von Audi in Eigenregie zu produzieren. Dieser eigentlich hervorragende, wenn auch nicht furchtbar kultivierte Motor trieb in Deutschland diverse Audis, den VW LT und den Porsche 924 und 924 Turbo an. Für sein Drehmoment und seine Haltbarkeit bekannt, sollte dieser Motor den Gremlin zu einem Spritknauser machen. Aber: Statt mit K-Jetronic bestückte AMC den Motor mit einem windigen Vergaser. Zusammen mit den laxen amerikanischen Produktionstoleranzen wurde aus einem talentierten Aggregat ein müder, ruppiger Geselle. Die starken Vibrationen glich man einfach mit butterweichen Motorlagern aus, weshalb ein im Leerlauf tuckernder »4-Banger« im Gremlin-Motorraum Pogo tanzte. Noch dazu war seine Herstellung teurer als die des kleinen 3,8-Liter-Sechszylinders. Das Basismodell wurde deshalb nach wie vor mit sechs Töpfen ausgeliefert; der R4 blieb den Luxusversionen vorbehalten.
Dem Pacer Coupé gesellte sich ein hübscher, etwas konservativer gestylter Wagon hinzu, was den Verkäufen vorerst wieder aus dem Tief half. Der Fließheck-Hornet wurde in AMX-Version zum Manta.
Die Zahlen der Jeep-Modelle waren glücklicherweise unverändert gut.

Matador Sedan, 1977

Matador Sedan, 1977

William Luneburg, Präsident der American Motors Corporation, ging im Mai 1977 in den Ruhestand und wurde durch Chapins langjährigen Vertrauten Gerald C. Meyers ersetzt. AM General bekam einen Großauftrag zur Produktion von großen Militär-LKW. Alle Divisionen außer der PKW-Produktion schrieben schwarze Zahlen. Insgesamt kam ein Reingewinn von acht Millionen US-Dollar heraus, Peanuts angesichts einer Entwicklungssumme von einer Milliarde US-Dollar, die Ford Europa für den neuen Fiesta investiert hatte.

Abgesang

Was 1978 alles nicht kam:

Was kam, war der Concord, eigentlich ein Hornet mit neu designter Front- und Heckpartie, überarbeitetem Fahrwerk und verbesserter Geräuschisolierung. Das alles gab dem Wagen die Anmutung einer höheren Fahrzeugklasse, und um die neue Positionierung deutlich zu machen, entschied man sich für einen neuen Namen. Den Wagen höher zu positionieren hatte auch insofern einen Sinn, als sie den Concord davor bewahrte, direkt mit den Japanern konkurrieren zu müssen.

Die Presse war voll des Lobes für das neue Produkt, so voll dann aber auch wieder nicht, daß sie dem Concord einen Platz auf einer Titelseite gegönnt hätte. Trotzdem brachte er Interessenten in die Verkaufsräume der AMC-Händler, die dort aber ansonsten nichts fanden, was sie hätte in Kaufrausch versetzen können.
Das Matador Coupé schreckte in »Barcelona«-Trim mit protziger Innenausstattung ab. Der gesunkenen Nachfrage nach Matador-Limousinen und Kombis trug man durch Einschränkung der Variantenvielfalt Rechnung — nur der 4,2-Liter--Sechszylinder und der 6,1-Liter-V8 waren noch zu haben.
Pacer-Verkäufe waren im Keller, da halfen auch das Facelift und der optionale V8 nichts. Der Gremlin war immer noch da, nun auch als GT mit Plastik-Verbreiterungen und Prol-Outfit.
Der Hornet AMX bekam die Concord-Front und hieß nun AMX ohne Hornet. 1977 war er erfolgreicher gewesen als erwartet, was die Fortführung als eigenes Modell rechtfertigte, weckte es so doch Erinnerungen an den wahren AMX von 1968.
Alles, was Jeep hieß, war nach wie vor erfolgreich und profitabel. Sogar so erfolgreich, daß man gar nicht genug davon herbekam. In der letzten Zeit war man daher so sehr auf Quantität bedacht gewesen, daß die Qualität darunter leiden mußte. Nicht, daß ein Jeep ein schlechtes Fahrzeug gewesen wäre, aber schludrig aufgebrachter Lack und abfallende Knöpfe und Schalter trugen nicht gerade zur Kundenzufriedenheit bei.
Also änderte man die Prioritäten: Die PKW-Produktion wurde komplett nach Kenosha verlagert; alle anderen Werke stellten nun Jeeps her. So konnte man nicht nur mehr, sondern auch effizienter produzieren.

Ende 1978 verließ Roy Chapin AMC Richtung Lebensabend. Sein Nachfolger als Chairman und Chief Executive Officer wurde Gerald Meyers, der die schon lange mit Chapin gemeinsam ausgearbeitete Firmenpolitik fortsetzte. Die Aktionäre erhielten mit dem Jahresbericht eine seltsame Mitteilung:

Wir haben das Haus in Ordnung gebracht, um einen fundamentalen Teil unserer Strategie weiterführen zu können: Wir möchten uns zum Kreis der weltweit tätigen Automobilhersteller gesellen, um in den kommenden Jahren konkurrenzfähig zu sein. 1978 haben wir diesbezüglich intensiv mit Renault verhandelt.

Damit wollte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: AMCs Fahrzeuge, allen voran die Jeep-Serie, sollten über ein gut ausgebautes Händlernetz in Europa wesentlich mehr Käufer finden als bisher. Und man wollte einen konkurrenzfähigen Kleinwagen bekommen, dessen Eigenentwicklung mangels Masse schlichtweg nicht mehr möglich war. Gespräche mit Honda und Peugeot (die zu der Zeit schon genug mit Citroën und Talbot zu tun hatten) waren im Sand verlaufen. Renault hingegen — damals schon französischer Staatsbetrieb — zeigte sich interessiert.

Das Modelljahr 1979 wurde so mit Optimismus begonnen. Der Spirit wurde vorgestellt. Er basierte weitgehend auf dem Gremlin, was man ihm aber überhaupt nicht ansah, vor allem nicht der Fließheck-Version. Obwohl Türen, Kotflügel und Motorhaube vom Vorgänger stammten, sah der Spirit aus wie ein ganz neues Auto — ein Teague'sches Meisterwerk. Dem Gremlin-Nachfolger wurden ähnliche Verbesserungen zuteil wie dem Nachfolger des Hornet, was ihn zusätzlich attraktiv machte.
Der Concord war wieder da, leicht geliftet und zusätzlich in den Ausstattungsvarianten D/L (DeLuxe) und Limited (mit allem möglichen Luxus und vielen elektrischen Helferlein) erhältlich. Dafür gab es keinen Matador mehr, weder Limousine/Kombi noch Coupé. Der größte AMC-PKW war nun der Concord.
Die Jeep-Serie wurde nicht groß verändert, aber das war auch nicht nötig. Der Cherokee Station Wagon war auf Monate hin ausverkauft. Die Cherokee-Baureihe gab es in verschiedenen Sonderausführungen (Chief, S, Golden Eagle). Alle großen Jeeps bekamen ein neues Frontdesign mit eckigen Scheinwerfern. Das 25jährige Jubiläum des CJ wurde mit dem Silver Anniversary CJ gefeiert, das 25jährige Bestehen von American Motors wurde Blech im Silver Anniversary Concord. Beide waren —wer hätte das gedacht— silbermetallic lackiert und bekamen Jubiläums-Plaketten.

Der erste Renault

Concord DL 2door, 1979

Concord DL 2door, 1979

Die Vereinbarung stand. Renault verkaufte fortan Jeeps über seine Händler in Frankreich und Kolumbien, und Renaults wurden über das AMC-Händlernetz feilgeboten, als erstes Modell der LeCar — bei uns wohlbekannt als R5. Darüberhinaus planten AMC und Renault, bei der Entwicklung eines Modells zwischen dem R5 und dem R18 zusammenzuarbeiten, der bei AMC auch gebaut werden sollte.
Gerüchte über die Einstellung der AMC-PKW-Produktion und über eine Fusion wurden vehement dementiert. Neue Prototypen seien bei AMC bereits in der Erprobung, das Programm für 80/81 stünde fest. Ein 4-Zylinder-CJ war geplant, und da das Audi-Aggregat dafür zu wenig Drehmoment hatte, wurde der Vertrag gekündigt und ein 2,5 Liter großer Vierzylinder von GM gekauft, der für CJ, Concord und Spirit geeignet war. Die Fabrik in West Virginia, die bisher Karosserieteile für den Pacer gefertigt hatte, wurde an Volkswagen verkauft. Für so wenige Pacer, wie sich jetzt noch losschlagen ließen, brauchte man keine eigene Fabrik mehr.

Die zweite Ölkrise machte AMC schwer zu schaffen, da sie sich vor allem auf den Absatz von Sport-Utility-Vehikeln negativ auswirkte. Plötzlich standen die Jeeps sich zuhauf bei den Händlern die Reifen platt. Zeitweise mußten die Werktätigen unfreiwillig Urlaub nehmen, um nicht zu viel auf Halde zu produzieren.
AM General ging's dafür gut, da man dort Großaufträge für Militär und Post zu erfüllen hatte.
Im Oktober schließlich gab man bekannt, daß Renault ein paar AMC-Aktien erwerben werde, die sich auf eine Beteiligung von 22,5% summierten. Plötzlich saß ein Franzose im Vorstand. Nötig geworden war dieser Schritt wegen Geldmangels. Ohne Moos keine Möglichkeit, die Fabriken auf den neuen AMC-Renault vorzubereiten. Werkzeuge, Renovierungsarbeiten und die Anschaffung von Fertigungsrobotern waren eine teure Angelegenheit.

<<zurück | ^hoch^ | weiter >>


© 1998-2019 Wolfgang A. Mederle. Alle Rechte vorbehalten.
Last modified: 2019-12-25 16:21